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Milljöh Modern

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Milljöh Modern

Jargon von der feinsten Art: Mats Ciupka berlinert mit schnauzengerechten Gedichten und Texten im Cafe Mora

In seinem brav erlernten Be­ruf als Zimmermann ver­dient er noch immer das ei­ne oder andere Brötchen.
Vorausgesetzt, er hat Zeit dazu, ist doch dem Schauspieler, Dres­sman, Grafiker, Fotografen, Musikus und. Autor ebenfalls zu­nehmend Erfolg beschieden. Mit „gnadenlos ironischer Heimat(ver)dichtung im original märkisch-brandenburgerischen Jargon“ (P. Funken) wird er zum wiederholten Male m der Kreuzberger Großbeerenstraße glän­zen. Daß ihm beim Abitur das Berli­nern untersagt wor­den war, empfindet der apologetische ,,Icke“- Poet als Af­front – in schnauzengerechten Ge­dichten und Erzähl­texten schöpft er nun umso ungenier­ter aus dem vollen Milljöh. Die Heldin­nen etwa des Wed­dinger Alltags fin­den sich in direkter Nachbarschaft: sei­ne „Mädels“ im Rentenalter. Für sie ist Ciupka gewissermaßen zum . Zentrum eines Max-Raabe­Pools geworden. Einmal nur hatte der Sänger des Palast Or­chesters vermittels Matsens CD­Player durch die Wand geknö­delt, und schon entspann sich ein Überspiel-, Tausch- und Be­ziehungsgeflecht zwischen den Generationen. ,,Kein Schwein ruft mich an“ gegen Schellack und Wein stand am Anfang, wei­ter ging’s mit Tischbeinen, die anläßlich einer Senioren-Party der fachmännischen Kürzung bedurften.
Dergleichen bringt olle Mats saukomischer rüber, als sich das hier erahnen läßt, jargongmäßig, wie gesagt, aber ausgesprochen heutig. Mit seinen sechsundzwanzig Lenzen zählt er immer­hin zur „Boah-Ey“-Generation. Atmosphärischer Eiertänzer zwischen Intuition und Intellekt, schreibt er denn eben „Boah!, wenn’s Boah! macht“ -im Kop­pe, wohlgemerkt. Die ersten Mantawitze, davon ist er über­zeugt, gelangten im Rahmen des multimedialen Gaudiums ,,Pickel verpflichtet“ an die Öf­fentlichkeit. So hieß eines von drei Stücken, die der Rastlose in jugendlichem Überschwang . verlegt und dennoch gut, gibt es jenseits des Veranstaltungsge­schehens ausschließlich in der (natürlich) Weddinger Buch­handlung Mackensen.

Ja, noch ist Mats Ciupka von exklusivem Insider-Geist um­weht. Doch müßte es mit dem Teufel zugehen, wenn das, ange­sichts seiner hochtalentierten Aktivitäten, noch lange so bliebe. Noch spinnt er sich beim Drehbuchschreiben seine Traumbesetzung zusammen, sieht sich als Enkel von Juhnke und als Götz Georges Sohn. Doch der detail­gespickte Plot ist eigentlich zu origi­nell, als daß er in der Schublade ver­schwinden oder auch hier verraten wer­den dürfte. Wenn da zum Finale der Kon­flikt nebst allen Pro­tagonisten mit ei­nem Ausflugsdamp­fer untergeht, darf das durchaus als Ciupka-typische Lö­sung gelten. ,,Wie krieg‘ ich was Böses rein?“, fragt sich der spöttelnde Philantrop, der je­denfalls immer was Doofes drin hat. Dies und die prima literari­sche Tradition, von Tucho bis Günter Bruno Fuchs, (un­zulänglich) zu illustrieren, stehe folgendes Poem am Schluß: am anhalter bahnhof I wohnt ein mann I so breit wie doof II der wollt imma nach I alt-glienicke I und sich treffen mit sich I mit icke in glienicke I mann war der doof II eines tages mußte I er nach alt­spandau I da traf er seine I frau irmgard I und fragte forsch I wie sie heiße I sie sagte irmgard I da lachte der mann / und sagte da müsse I er jetzt auch hin II mann war der doof/ der mann vom I anhalter bahnhof

Norbert Tefelski

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